Kurzportrait zu Prof. Dr. Anja Steinbeck, Rektorin der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Prof. Dr. Anja Steinbeck ist seit 2014 Rektorin der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU). Zuvor war die Juristin und Professorin für Wirtschaftsrecht Prorektorin für Planung, Finanzen und Gender an der Universität zu Köln. Daneben war sie zehn Jahre als Richterin im Nebenamt am OLG Köln tätig.
In ihrer ersten Amtszeit ist es Anja Steinbeck trotz kritischer Stimmen gelungen, die Idee der Bürgeruniversität in der HHU zu verankern. Die Heinrich-Heine-Universität versteht sich seitdem als gegenüber der Gesellschaft offene, dialogorientierte Forschungsstätte und Bildungseinrichtung, die ihre wissenschaftlichen Ergebnisse kommuniziert.
Für Steinbeck ist das Selbstverständnis der Universität mit dem eigenen Führungsverständnis eng verbunden. „So wie sich unser Namenspatron um die Herausbildung eines emanzipierten Bürgertums bemüht hat, ist es der HHU ein Anliegen, dass Bürger*innen sich vernunftgeleitet ein eigenständiges Bild über politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen machen können. Die Werte Heines, dessen Dialogorientierung zu vielen fruchtbaren Kontroversen geführt hat, mache ich mir in meinem Führungsverständnis zu eigen. Mitarbeiter*innen in meinem Umfeld sollen eigenständig arbeiten und verantwortungsbewusst ihre Aufgaben wahrnehmen. Der offene Diskurs ist erwünscht.“
„Es ist mir ein Anliegen, vor jeder wichtigen Entscheidung die unterschiedlichen Interessen zu kennen und die Argumente zu diskutieren“, sagt Steinbeck und meint damit auch ausdrücklich die kritischen Stimmen. Gemeinsam mit dem Rektorat gelingt es ihr so, das Profil der Bürgeruniversität erfolgreich zu etablieren und immer weiter auszugestalten. Zu ihrer Führungsrolle gehört es aber in seltenen Fällen auch, Entscheidungen allein zu treffen, wenn kein Konsens erzielt werden kann.
Die Jury meint dazu: „Bei Frau Steinbeck hat man das Gefühl, es spricht eine Person, die ihre Führungsaufgabe authentisch wahrnimmt und gleichzeitig alle einbezieht und sehr gut kommuniziert.“
Ihre Kolleginnen und Kollegen im Rektorat beschreiben sie als kooperativ, pragmatisch und orientierungsgebend. Ihr Agieren in der Corona-Krise schildern sie so: „Die Rektorin hat bei der Krisenbewältigung klar die Führungsrolle übernommen, bezieht aber gleichzeitig alle Beteiligten ein und ruft in der ihr eigenen Art der vertrauensvollen Zusammenarbeit optimal die Kompetenzen der Beteiligten ab.“ Ihr Ziel: soviel Betrieb in Wissenschaft und Lehre zu ermöglichen, wie es ein verantwortungsvoller Umgang mit der Pandemie zulässt. Seit Anfang der Krise war ihr ein Anliegen, Maßnahmen schnell und nachvollziehbar zu kommunizieren. Hierfür nutzt sie alle zur Verfügung stehenden Kanäle – überwiegend die digitalen – von den Sozialen Medien über Rundmails bis hin zu persönlichen Videobotschaften.
Auch in Medienbeiträgen oder, gemeinsam mit dem Kanzler, in persönlichen Besprechungen mit dem AStA, informiert sie über das Krisenmanagement und die dahinterstehende Strategie. Dabei ist ihr die enge Abstimmung mit der Leitung des Universitätsklinikums und die Einbeziehung der dortigen fachlichen Erkenntnisse selbstverständlich. „Unsere Regeln werden immer dem gegenwärtigen Kenntnisstand angepasst. An der HHU gab es keinen völligen Lockdown der Forschungsaktivitäten. In den Laboren konnte weitergearbeitet werden, wenn die entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen eingehalten wurden. Die klare und klar kommunizierte Politik sorgt für eine hohe Motivation der Universitätsmitglieder bei der gemeinsamen Krisenbewältigung.“
Die Jury lobt ihr Krisenmanagement: „Die Strategie und das Krisenmanagement von Frau Steinbeck haben besonderen Wiedererkennungswert. Beides ist sehr persönlich, stringent und empathisch.“
Steinbeck sieht Teamarbeit in der aktuellen Krise nicht allein als eine Frage der perfekten Organisation der Abläufe. „Besonders wichtig ist es mir, allen Teammitgliedern immer wieder zu zeigen, wie sehr ich ihr Engagement schätze. Ich bin sicher, sie spüren, dass meine Wertschätzung ernst gemeint ist.“
Und nach der Krise? „Der persönliche Kontakt zwischen Studierenden und Lehrenden sowie den Studierenden untereinander ist durch nichts zu ersetzen. Dennoch erhält die Digitalisierung der Lehre einen großen Stellenwert in unserem nächsten Hochschulentwicklungsplan – nicht zuletzt, um auch der zunehmenden Diversität der Studierenden gerecht zu werden“, sagt sie und sieht noch eine weitere Aufgabe im Bereich Governance: „Die Krise hat die enormen Kompetenzen der Mitglieder der HHU in den unterschiedlichsten Bereichen sichtbar gemacht, z. B. in der Didaktik, Digitalisierung oder Organisation. Es fehlt nur noch an Formaten, um diese über die Statusgruppen hinweg auszutauschen.“ Hier wünscht sich Steinbeck, dass es künftig noch mehr Gelegenheiten für das Spontane und Inoffizielle an der HHU gibt – eine Idee dafür hat sie bereits.
Erläuterung des Verfahrens
Die Nominierten für die Hochschulmanagerin oder den Hochschulmanager des Jahres 2020 wurden in drei Stufen ermittelt.
Vorauswahl: Über eine datengestützte Vorauswahl, bei der unter anderem Daten vom Deutschen Akademischen Austauschdienst, der Alexander von Humboldt- Stiftung und dem CHE Hochschulranking ausgewertet wurden, wurden Hochschulen identifiziert, die besonders starke positive Veränderungen aufweisen und daher als besonders entwicklungsstark anzusehen sind. Der Betrachtungszeitraum reicht hierbei insbesondere bei den dynamischen Indikatoren bis ins Jahr 2015 zurück.
Befragungen: Im Rahmen der zweiten Auswahlstufe wurden alle in der Vorauswahl identifizierten Hochschulleitungen zu ihrem Führungsverständnis und zu verschiedenen Führungsaktivitäten befragt. Ein besonderes Augenmerk lag in diesem Jahr auf dem Krisenmanagement der Hochschulleitungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie und der Bewältigung der Krise durch das gesamte Führungsteam. Dafür wurden zusätzlich die Perspektiven der jeweiligen Prorektoren*innen bzw. Vizepräsident*innen, Kanzler*innen bzw. Vizepräsident*innen für Verwaltung sowie der Hochschulratsvorsitzenden angefragt. Aufgrund des diesjährigen Schwerpunktthemas wurden darüber hinaus erstmalig die Leitungen der Bereiche IT und Kommunikation der Hochschulen befragt, da diese im Zuge der aktuellen Krisenbewältigung ebenfalls eng mit der Hochschulleitung zusammengearbeitet und eine wichtige Rolle eingenommen haben.
Jurysitzung: Unter Berücksichtigung der Ergebnisse aus der Vorauswahl und den Befragungen bestimmte eine Jury aus zehn anerkannten Expertinnen und Experten die Nominierten. Die Auszeichnung „Hochschulmanager*in des Jahres“ wird bereits seit 2008 verliehen, seit 2013 gemeinsam von der Wochenzeitung DIE ZEIT und dem CHE Centrum für Hochschulentwicklung.