Seit nunmehr eineinhalb Jahren müssen sich die Hochschulen weltweit mit den Gegebenheiten durch die Covid-19-Pandemie auseinandersetzen und Wege finden, ihren Studierenden trotz allem ein adäquates Studium zu ermöglichen. Doch in fast allen Ländern führten weitgehende Kontaktbeschränkungen, Ausgangssperren oder zeitweise geschlossene Hochschulen dazu, dass ein reguläres Studium wie in den Zeiten vor der Pandemie nicht mehr stattfinden konnte.
Wie haben sich die Veränderungen auf die Studierenden ausgewirkt? Eine aktuelle Auswertung der Befragung von Studierenden in verschiedenen Ländern im Rahmen von U-Multirank ermöglicht nun einen Vergleich der Bewertungen zu verschiedenen Kriterien der Jahre 2018 und 2021. Es zeigt sich: Die allgemeine Bewertung der Studiensituation bzw. der Lernerfahrung (Abb.1) verschlechterte sich während der Pandemie in allen Fächern.
Abb.1 zeigt, dass die sich die Bewertung der Lernerfahrung über alle Fächer hinweg im Jahr 2021 verschlechterte gegenüber dem Jahr 2018. (Wert 1.00 steht für “sehr gut”) Gleichzeitig haben sich einzelne Aspekte des Studiums, z.B. die IT-Versorgung und sogar der Kontakt zu den Lehrenden aus Sicht der Studierenden aber sogar verbessert. Alle Ergebnisse sind verfügbar auf umultirank.org.
Die Ergebnisse sind in einem Online-Artikel von University World News vom 26. Juni 2021 unter dem Titel “Tailored approach needed to catch-up learning post-COVID” erschienen.
Die Beeinträchtigungen durch die Bedingungen in der Pandemie sind zudem stark abhängig vom Fach. Während Vorlesungen und Seminare leichter digital angeboten werden können, sind Laborpraktika, Exkursionen, Auslandsaufenthalte und besonders praktische Ausbildungen, die persönliche Kontakte zu Klienten oder Patienten erfordern, durch die Pandemie stark eingeschränkt gewesen.
Abb. 2 zeigt, wie stark die einzelnen Fächer vom Ausfall von Lehrverpflichtungen betroffen waren. Während im Fach Sozialarbeit über 75 Prozent aller Lehrangebote stattfanden, fielen im Fach Zahnmedizin über die Hälfte der Kurse aus. In den Fächern, in denen persönliche Interaktion und Kontakte ein wichtiger Aspekt der Ausbildung und Qualifikation sind – z.B. Medizin, Zahnmedizin, Krankenpflege – ist es schwieriger oder gar unmöglich, den (praktischen) Unterricht durch Online-Formate zu ersetzen. Dies zeigt sich in dem hohen Prozentsatz der Kurse, die in diesen Fächern abgesagt wurden.
Für Studierende in gesundheitsbezogenen Fächern ist die Situation während der Pandemie deshalb besonders schwierig gewesen. In diesen Fächern sind die Bewertungen der Studierenden negativer als in den anderen Fächern.
Kein einheitlicher Ansatz für alle Fächer
Ein größerer Anteil der Studierenden sorgt sich um die Qualität der Ausbildung, insbesondere um die praktischen Qualifikationen. Dies macht deutlich, dass die spezifischen Lösungen zur Digitalisierung und zum Mix von Präsenz- und Onlinelösungen an die Gegebenheiten der jeweiligen Fächer angepasst werden müssen. Es stellt sich die Frage, ob es eine “verlorene” Generation von Studierenden geben wird, deren Qualifikation unter den Pandemie-Einschränkungen derart gelitten hat, dass sie sogar mit Karrierenachteilen auf dem Arbeitsmarkt zu rechnen hat.
Was folgt aus den Befunden für die nächste Zeit, sei es für die Fortsetzung von Studium und Lehre unter Pandemiebedingungen oder auch mit Blick auf die Nach-Covid19-„Normalität“? Bei ihren Bemühungen, die Pandemie zu bewältigen und negative Auswirkungen nach der Pandemie auszugleichen, müssen die Hochschulen und die Hochschulpolitik berücksichtigen, dass es keinen einheitlichen Ansatz für alle Fächer gibt. Während in vielen Fächern (Sozial- und Geisteswissenschaften, aber auch Naturwissenschaften und Ingenieurwissenschaften) neue Formen des Online- und Blended Learning hilfreich sind, und auch künftig neue Möglichkeiten für innovative Lehre eröffnen, leiden generell die praktische Ausbildung und Exkursionen sowie Praktika unter den einschränkenden Rahmenbedingungen der Pandemie.
Nach der Pandemie werden diese Kurse im Großen und Ganzen wieder möglich sein. Aber insbesondere die Studierenden dieser Fächer sorgen sich, dass es schwierig werden wird, einen „normalen“ Abschluss zu machen und befürchten Nachteile für ihre Qualifikation. Hier sind die Universitäten gefordert, spezifische Mittel und Programme einzuführen, um diese negativen Auswirkungen für die Covid-19 Kohorten auszugleichen.
Ergebnisse der Analyse unter umultirank.org
In einer ersten Auswertung im März 2021 für Deutschland zeigten Befragungen aus dem Wintersemester 2020/2021 im Rahmen des CHE Hochschulrankings und U-Multirank, dass an deutschen Hochschulen der Vorlesungs- und Prüfungsbetrieb mit der Umstellung auf teilweise oder vollständig digitale Studienangebote weitgehend aufrecht erhalten blieb. Die Studierenden bewerteten das Pandemiemanagement der Hochschulen entsprechend überwiegend positiv. Viele der befragten Studierenden gaben an, dass sie trotz der Einschränkungen das Studium in vielen Fächern ohne größere Probleme fortsetzen konnten.
Über U-Multirank
U-Multirank ist die umfassendste globale Datenbasis zu den Profilen und Leistungen von Hochschulen. Sie erlaubt multi-dimensionale Vergleiche über fünf Dimensionen und mehr als 30 Indikatoren. U-Multirank erlaubt das Erstellen von personalisierten Rankings, die sich nicht nur auf Forschung, sondern auch auf Studium und Lehre, Wissenstransfer, internationale Orientierung und regionales Engagement der Hochschulen beziehen. Die Ergebnisse der siebten Ausgabe von U-Multirank (www.umultirank.org) ermöglichen differenzierte Vergleiche der Profile und Leistungen von fast 1.800 Hochschulen aus mehr als 90 Ländern.