Der Trend bei den wissenschaftlichen Weiterbildungsangeboten geht in Richtung kürzere Formate: Berufstätige ziehen kompakte Kurse und Programme immer öfter längeren Studiengängen vor. Doch in Deutschland ist dieser Bereich noch relativ intransparent. Deutlich weiter ist hier dagegen die Schweiz. Qualitätsstandards schaffen hier mehr Klarheit nach innen und außen. Genauere Informationen hierzu bietet die aktuelle Ausgabe der DUZ – Magazin für Wissenschaft und Gesellschaft im Rahmen der Reihe DUZ Spotlight – Gute Praxis international, die in Kooperation mit dem CHE Centrum für Hochschulentwicklung erscheint.
Wissenschaftliche Weiterbildung steht in Deutschland prinzipiell jedem offen. Doch viele Interessierte scheuen sich, auch aufgrund der zum Teil hohen Kursgebühren, einen kompletten Studiengang zu belegen. Deshalb bieten immer mehr Hochschulen auch kürzere Formate wie Zertifikatskurse und –programme an. Steigt durch die Teilnahme das Interesse, weitere Weiterbildungseinheiten zu belegen, können die einzelnen Bausteine bei Bedarf später in den Erwerb eines Studienabschlusses münden.
Sigrun Nickel, Expertin für Hochschulforschung beim CHE sieht in dem Boom der Kurzformate eine Herausforderung für Hochschulen „Berufstätige, die sich an einer Hochschule weiterqualifizieren möchten, benötigen oft keinen kompletten Studiengang mehr, sondern bevorzugen punktuelle Fortbildungen. Das stellt traditionelle Muster akademischer Bildung infrage.“ Doch die flexiblen Angebote für Studierende haben ihre Tücken. Nationale Standards oder Qualitätskriterien fehlen ebenso wie einheitliche Bezeichnungen der Angebote.
Wie man Abhilfe in diesem Zertifikats-Labyrinth schaffen kann, zeigt das Beispiel der Schweiz. Anders als in Deutschland ist hier die wissenschaftliche Weiterbildung relativ klar strukturiert, wie Sigrun Nickel und Nicolas Reum in dem von ihnen verfassten Themenschwerpunkt in der aktuellen Ausgabe der DUZ aufzeigen.
Neben landesweit gültigen Mindestanforderungen der Angebote existieren in der Schweiz auch übergreifende Qualitätsgrundsätze, auf die sich die beteiligten Hochschulen 1996 verständigt haben. Zudem verfügt das eidgenössische Hochschulwesen über ein einheitliches gestuftes System wissenschaftlicher Bildungsabschlüsse.
Einen zentralen Erfolgsfaktor für das Gelingen eines solchen Systems sieht Nicolas Reum im Kooperationsverbund „Swissuni“, in dem 14 Universitäten des Landes zusammenarbeiten: „Für die Akzeptanz und Verbindlichkeit solcher Qualitätsstandards ist es wichtig, dass die Hochschulen diese gemeinsam entwickelt und eben nicht von anderer Stelle verordnet bekommen haben.“ Im föderalen deutschen System sei die Schaffung bundesweiter Regelungen stets mit größeren Schwierigkeiten verbunden, so der Hochschulforscher des CHE.
Die Autor(inn)en raten deshalb abschließend, dass auch in Deutschland die Hochschulen, die wissenschaftliche Weiterbildung anbieten, selbst verstärkt die Initiative ergreifen sollten. Dies schaffe Transparenz für Weiterbildungsinteressierte, Arbeitgeber und Anbieter. Erste Vorstöße in diese Richtung wie von der Deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium (DGWF) seien wichtig, brauchten aber noch mehr Resonanz.
Der 18-seitige Themenschwerpunkt zum Boom der Kurzformate in der wissenschaftlichen Weiterbildung ist am 15. November im Rahmen der Ausgabe 11/2019 der DUZ erschienen. Er beleuchtet neben dem Beispiel der Schweiz auch die Situation in Finnland und Großbritannien. Das Dossier ist die fünfte Ausgabe des gemeinsam von CHE und DUZ entwickelten Formats „DUZ Spotlight – Gute Praxis international“, das in loser Folge in der DUZ und auf www.che.de veröffentlicht wird.
DUZ Spotlight: Neue Wege der wissenschaftlichen Weiterbildung 14. November 2019 1.92 MB 5556 downloads
Nickel, Sigrun; Reum, Nicolas: Neue Wege in der wissenschaftlichen Weiterbildung,...„DUZ Spotlight belässt es nicht beim Blick über den Tellerrand, sondern zeigt, ob – und wenn ja, unter welchen Bedingungen gute Praxisansätze aus dem Ausland auf das deutsche Hochschulsystem übertragbar wären. Die bisherigen Reaktionen zeigen, dass diese Art der redaktionellen Umsetzung, die vor allem durch eine profunde Analyse geprägt ist, von unseren Leserinnen und Lesern geschätzt wird“, konstatiert DUZ Redaktionsleiterin Angelika Fritsche.
Bereits erschienen sind Ausgaben zum österreichischen Modell der lebensbegleitenden Matrikelnummer (Ausgabe 09/17), dem britischen Professional Doctorate (Ausgabe 01/18), dem niederländischen Lehrführerschein (Ausgabe 08/18) und der Transfergemeinschaft nach Schweizer Vorbild (12/2018).