Ob Inklusionshelfer*in oder Schulpsycholog*in – Lehrkräfte in Deutschland stehen in der Schule im täglichen Austausch mit Fachkräften unterschiedlicher Disziplinen. Das Arbeiten in multiprofessionellen Teams wird durch den kürzlich beschlossenen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung künftig noch wichtiger. Bisher ist die Zusammenarbeit zwischen angehenden Lehrkräften und anderen pädagogischen Fachkräften nur selten Gegenstand des Studiums. Nur jede vierte Hochschule bietet aktuell interdisziplinäre Lehrveranstaltungen für Lehramtsstudierende an. Dies zeigt eine aktuelle Publikation des Monitor Lehrerbildung.
Die Institution Schule ist in Deutschland keine reine Domäne der Lehrkräfte mehr. In ihrem Berufsalltag sind sie oft Teil eines Netzwerks, das auch Fachkräfte aus Bereichen wie Sozialarbeit, Inklusionshelfer*innen oder Erzieher*innen miteinschließt.
Diese multiprofessionelle Zusammenarbeit gehört besonders an Ganztagsschulen in Deutschland zur Realität. Mit dem im Mai 2021 von der Bundesregierung beschlossenen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule ab 2026 steigt die Bedeutung multiprofessioneller Teamarbeit daher noch weiter an.
Nur an jeder vierten Hochschule existieren interdisziplinäre Lehrveranstaltungen
Die jüngste Hochschulbefragung des Monitor Lehrerbildung aus dem Jahr 2020 verdeutlicht, dass interdisziplinäre Lehrveranstaltungen, in denen Lehramtsstudierende mit Studierenden anderer pädagogischer Fachrichtungen gemeinsam lernen, nur an einem Viertel der Hochschulen existieren. Institutionalisierte Formate zur Abstimmung der Curricula von Lehramtsstudiengängen und anderen pädagogischen Studiengängen gibt es lediglich an zehn Prozent der Hochschulen.
„Das aktuelle Lehramtsstudium ist noch auf ein Einzelkämpfertum ausgerichtet. Dabei erfordert der heutige Sozialraum Schule Lehrkräfte, die als Teamplayer fungieren“, sagt Ekkehard Winter, Geschäftsführer der Deutsche Telekom Stiftung. „Es ist die Aufgabe der lehrerbildenden Hochschulen, dem angehenden pädagogischen Personal frühzeitig eine multiprofessionelle Kooperationskultur zu vermitteln.“
Berufsgruppen begegnen sich erst in der Schulpraxis
Damit der Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung auch mit einem Qualitätsversprechen zugunsten guter Ganztagsbildung einhergeht, sollten die Hochschulen interdisziplinäre und kooperative Lehrformate zwischen Lehramtsstudium und Studiengängen anderer pädagogischer Fachrichtungen etablieren. Dies fordern die Autor*innen in der aktuellen Publikation des Monitor Lehrerbildung „Gemeinsam mehr erreichen – Multiprofessionelle Kooperation beginnt im Lehramtsstudium“. Denn ohne frühzeitige Berührungspunkte würden sich die Berufsgruppen oftmals erst in der Schulpraxis begegnen und wenig übereinander wissen.
Nach einer vom Monitor Lehrerbildung bisher unveröffentlichten Befragung von Schulleitungen aus dem Jahr 2019 klaffen Anspruch und Wirklichkeit in diesem Punkt bislang auseinander: Während die Fähigkeit, interdisziplinär zu arbeiten als sehr wichtig für den Lehrberuf eingeschätzt wurde, bringen die künftigen Lehrkräfte aus Sicht der Schulleitungen dafür kaum Kenntnisse aus ihrem Studium mit.
„Teamarbeit muss kontinuierlich eingeübt werden, vor allem bei der berufsübergreifenden Kooperation. Das gilt für die ersten Schritte im Studium genauso wie für das spätere Berufsleben. Nur so können sich die unterschiedlichen Professionen mit ihren jeweiligen Kompetenzen und Perspektiven auf das Kind ergänzen und als Team zusammenwachsen“, so Dagmar Wolf, Bereichsleiterin Bildung bei der Robert Bosch Stiftung.
Über den Monitor Lehrerbildung
Der Monitor Lehrerbildung ist die bundesweit einzige Datenbank zum Lehramtsstudium. Unter www.monitor-lehrerbildung.de sind relevante Daten zu dieser ersten Phase der Lehrerbildung übersichtlich dargestellt. 61 Hochschulen und alle 16 Länder beteiligten sich an der jüngsten Erhebung des Monitor Lehrerbildung im Jahr 2020. Sämtliche Daten sowie viele weitere Informationen zum Thema sind unter www.monitor-lehrerbildung.de frei zugänglich. Der Monitor Lehrerbildung ist ein gemeinsames Projekt von Bertelsmann Stiftung, CHE Centrum für Hochschulentwicklung, Deutsche Telekom Stiftung, Robert Bosch Stiftung GmbH und Stifterverband.