Im dualen Studium werden in Deutschland zwischen beteiligten Unternehmen und den bei Ihnen beschäftigten Studierenden inzwischen längst nicht mehr nur Ausbildungsverträge abgeschlossen. Vielmehr herrscht eine große Vielfalt an Vertragsverhältnissen, die für Studieninteressierte mitunter verwirrend sein können. Dies zeigen Befragungsergebnisse , die Sigrun Nickel und Nicolas Reum vom CHE Centrum für Hochschulentwicklung in einem Beitrag der aktuellen DUZ Wissenschaft & Management (Ausgabe 08/22) überblickartig vorstellen.
Zu den häufigsten Vertragsformen zählt aktuell der Studienvertrag, gefolgt vom Arbeitsvertrag mit einem öffentlichen oder privaten Unternehmen und an dritter Stelle dem Ausbildungsvertrag. Weniger oft kommen Praktikantenverträge, beamtenrechtliche Dienstverhältnisse auf Zeit, Werk- und Stipendienverträge vor. Die Hauptursache für das Entstehen dieser großen Vielfalt ist, dass sich die ausbildungsintegrierende Variante des dualen Studiums, d.h. die Kombination von Studium und Berufsausbildung, auf dem Rückzug befindet.
Nur noch rund 35 Prozent aller 1960 dualen Studiengänge in Deutschland sind nach diesem Muster organisiert. Vorherrschend ist mittlerweile das praxisintegrierende Modell, bei dem ein Studium mit längeren Praxisphasen im Partnerunternehmen verbunden ist. Diesen Ansatz verfolgen rund 60 Prozent aller dualen Studiengänge im Bundesgebiet. Praxisintegrierende duale Studiengänge bieten den kooperierenden Hochschulen und Unternehmen mehr Flexibilität, weil die Verpflichtungen nicht so ausgeprägt sind wie bei der gleichzeitigen Durchführung von Studium und Berufsausbildung. Für Letztere gelten festgelegten Reglements wie z.B. Ausbildungsordnungen und Prüfungsvorschriften.
„Für dual Studierende besteht angesichts der großen Heterogenität der Verträge eine ausgeprägte Unübersichtlichkeit“, zeigt Sigrun Nickel auf. „Bisweilen können sie nur schwer einschätzen, ob der angebotene Vertrag angemessen ist und eine für sie akzeptable Qualität besitzt“, so die Leiterin des Bereichs Hochschulforschung beim CHE.
Gemeinsam mit Ko-Autor Nicolas Reum plädiert Nickel in ihrem Beitrag deshalb dafür, mehr Beratungsangebote zu Vertragsfragen für Studierende zu etablieren, sowie Checklisten und Musterdokumente zur Vertragsgestaltung bereitzustellen. Bei der Beratung sollten die Hochschulen und Unternehmen, welche einen dualen Studiengang gemeinsam betreiben, eng zusammenwirken. Einzelne Hochschulen wie z.B. die Duale Hochschule Baden-Württemberg stellen Studieninteressierten bereits Musterverträge zur Verfügung und erleichtern damit die Orientierung. Diesem Beispiel sollten möglichst viele andere Anbieter folgen, meinen die beiden Autor*innen.
Parallel zur gestiegenen Heterogenität der Vertragsformen im dualen Studium hat auch die Bandbreite beim Thema Vergütung immens zugenommen. Vor diesem Hintergrund fordern die Autor*innen zusätzlich eine Mindestvergütung für dual Studierende, die sich am Höchstsatz des BAföGs orientieren sollte. Nur so könne ein Studium ohne zusätzlichen Nebenerwerb für alle dual Studierenden ermöglicht werden.
Die verwendeten Daten stammen aus einer empirischen Untersuchung, welche das CHE gemeinsam mit dem Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) durchgeführt hat. Diese ist im April 2022 unter dem Titel „Duales Studium: Umsetzungsmodell und Entwicklungsbedarf“ als Online-Publikation erschienen und kann unter folgendem Link abgerufen werden.