Foto: Adobe Stock

Ob Science Slam oder Podcast – Wissenschaftskommunikation in Deutschland nutzt verstärkt neue Wege. Dies gilt jedoch nicht für den Bereich der Wissenschafts- und Hochschulforschung. Hier dominieren zur Verbreitung von Forschungsergebnissen weiter klassische Kanäle wie Publikationen. Nur ein Drittel der Forschungsakteure und -Netzwerke aus diesem Bereich nutzen X (ehemals Twitter) aktiv zum Wissenstransfer in den untersuchten Themenbereichen Studium und Lehre, Forschung, Transfer und Hochschulmanagement. Auf LinkedIn sind es mit rund zehn Prozent noch weniger. Ebenfalls eine untergeordnete Rolle spielen Podcasts oder Blogs. Dies zeigt eine Untersuchung des CHE Centrum für Hochschulentwicklung.    

 

Publikationen sind der Hauptkanal der Wissenschafts- und Hochschulforschung

Die Wissenschafts- und Hochschulforschung (WiHo-Forschung) in Deutschland ist ein Feld, das Entwicklungen im Hochschul- und Wissenschaftssystem untersucht und auf dem sich sehr viele Akteure bewegen. Neben 123 Einrichtungen und 26 Netzwerken und Fachgesellschaften, die WiHo-Forschung betreiben, publiziert darüber hinaus eine große Anzahl von Einzelwissenschaftler*innen und auch Hochschulmanager*innen relevante Erkenntnisse. Erstmals zeigt nun eine Studie des CHE, wie die Forschungsergebnisse aus diesem Bereich kommuniziert und damit für andere nutzbar gemacht werden.

Hierfür haben die beiden Autor*innen Sigrun Nickel und Nicolas Reum Publikationen, Tagungsbeiträge und Social Media als zentrale Austausch- bzw. Transferkanäle der WiHo-Forschung identifiziert und die Aufbereitung der dort geteilten Forschungsergebnisse analysiert. Insgesamt wurden rund 2.400 relevante Dokumente in einem Zeitraum von zwei Jahren erfasst und in die Untersuchung einbezogen.

Dabei zeigt sich, dass die WiHo-Forscher*innen ihre Erkenntnisse vorwiegend ohne weitergehende Öffentlichkeitsarbeit ins Netz stellen oder als kostenpflichtige Bücher oder Fachzeitschriften anbieten. Dabei können die gewonnenen Daten und Fakten weit über den Kreis der WiHo-Forschung interessant sein – so z. B. für die Hochschulpolitik, das Hochschulmanagement und die breitere Öffentlichkeit. „Ob Printmedien oder Social Media – in beiden Bereichen wird vorwiegend auf ein intrinsisches Interesse der Nutzer*innen gesetzt, dessen Motivationskraft ausreicht, um sich aus eigenem Antrieb auf die Suche nach geeignetem Knowhow zu machen. Was insgesamt weitgehend fehlt, sind Informationen, die für verschiedene Zielgruppen in unterschiedlicher Weise aufbereitet sind“, resümiert Projektleiterin Sigrun Nickel.

Rund die Hälfte (46,4 Prozent) der erfassten Dokumente sind Publikationen wie Bücher oder Beiträge in Fachzeitschriften. Hinzu kommen jeweils zu einem Viertel Tagungsbeiträge (27,1 Prozent) sowie Social-Media-Inhalte (26,5 Prozent). Der quantitative Vergleich ist allerdings mit Vorsicht zu genießen. Zum einen haben die Veröffentlichungen aufgrund ihres unterschiedlichen Charakters einen unterschiedlichen inhaltlichen Stellenwert. Zum anderen konnten die Social-Media-Kanäle im Rahmen der Studie nur über ein Jahr hinweg untersucht werden, während es bei den anderen Transferkanälen jedoch zwei Jahre waren. Dennoch lassen die Zahlen den Schluss zu, dass die WiHo-Forschung ihr Wissen nach wie vor hauptsächlich über Publikationen verbreitet.

Nur wenige Akteure nutzen interaktive Möglichkeiten von Social Media

„Veröffentlichungen in Form längerer wissenschaftlicher Texte sind weiterhin wesentlich für den Wissenstransfer der WiHo-Forschung in Deutschland“, so Nicolas Reum vom CHE Forschungsteam. „Die crossmedialen Möglichkeiten gerade durch Social Media werden besonders von den hochschulischen Akteuren bisher wenig genutzt“, so der Studienautor.

Im Hinblick auf die Verbreitung von Forschungsergebnissen zu den vier untersuchten Themenbereichen Studium & Lehre, Forschung, Transfer und Hochschulmanagement war zwischen 2022 und 2023 nur ein Drittel der WiHo-Forschungs-Akteure bei X (ehemals Twitter) aktiv. Noch geringer ist das Engagement beim Karrierenetzwerk LinkedIn mit 11,5 Prozent. Jede zweite relevante Institution der Wissenschafts- und Hochschulforschung bietet einen Newsletter mit Studienergebnissen an. Aktive Blogs (8,3 Prozent) oder Podcasts (2,1 Prozent) betreiben aber nur die wenigsten.

Bei den Themen dominieren Studium und Lehre

Rund 60 Prozent aller analysierten Dokumente der WiHo-Forschung beschäftigten sich mit dem Thema Studium und Lehre. Dieser Anteil ist dreimal so hoch wie der des nächstgelegenen Themenfelds Forschung, der 20,4 Prozent beträgt. Die Themenfelder Transfer und Hochschulmanagement kommen dann jeweils auf vergleichbare Anteile von 10,4 Prozent bzw. 9,8 Prozent. Die detaillierte Analyse nach Unterthemen zeigt zudem, dass sich in diesem Bereich die meisten Dokumente mit der Digitalisierung, der Hochschuldidaktik und der Qualitätsentwicklung von Studium und Lehre beschäftigen.

Zentrale Anlaufstellen für Informationen fehlen

„Wer in Deutschland Wissenswertes zum Hochschul- und Wissenschaftsmanagement erfahren möchte, findet eine ganze Menge, wenn er oder sie weiß, wo man suchen muss“, bilanziert Sigrun Nickel. Zwar sind rund zwei Drittel der analysierten Publikationen im Open Access erhältlich, also frei und kostenlos zugänglich, aber die Vielzahl an Akteuren und Netzwerken erschwert eine Orientierung über relevante Veröffentlichungen. „Es wäre gut, wenn die interessierte Öffentlichkeit eine oder mehrere zentrale Anlaufstellen hätte, wo sie themenbezogen nach relevanten Informationen aus der WiHo-Forschung suchen könnte“, so die Studienautorin.

 

Über die Publikation:

Für die Publikation „Transferkanäle zwischen der Wissenschafts- und Hochschulforschung und dem Hochschulmanagement“ haben Sigrun Nickel und Nicolas Reum vom CHE zentrale Wege der Wissenschaftskommunikation der Wissenschafts- und Hochschulforschung identifiziert. Analysiert wurden die Publikationen, Tagungs- und Social-Media-Beiträge von deutschen Forschungsakteuren zwischen 2020 und 2022 – bzw. 2022-2023. Die Veröffentlichung ist die erste von drei geplanten Teilstudien des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsprojektes „Transfer von Erkenntnissen aus der Hochschul- und Wissenschaftsforschung in das Management von Hochschulen“ – kurz TransForM.

Icon

Transferkanäle zwischen der Wissenschafts- und Hochschulforschung und dem Hochschulmanagement 21. Mai 2024 1.99 MB 1688 downloads

Nickel, Sigrun; Reum, Nicolas: Transferkanäle zwischen der Wissenschafts- und Hochschulforschung...

 

Bildquelle: Adobe Stock

Sigrun Nickel

Leiterin Hochschulforschung

Tel.: +49 5241 9761-23
Fax: +49 5241 9761-40
E-Mail: Sigrun.Nickel@che.de

Assistenz:
Petra Bischof
Tel.: +49 5241 9761-42

Arbeitsschwerpunkte:
Forschungsprojekte zu Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung, Karrieren in der Wissenschaft sowie im Hochschulmanagement, Qualitätsentwicklung, Hochschulgovernance, Durchführung von Evaluationsverfahren, Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen im Bereich Hochschulmanagement

https://dev.che.de/teams/sigrun-nickel